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Vor zwei Wochen war die Premiere meines Workshops “Klima, Acker, Krise - Bodenerosion verstehen und verhindern” beim Verein ProWissen in Potsdam. Mit einem Vertiefungskurs zu Naturressourcen-Management, eine 9. Klasse, erkundete ich die Ursachen und Folgen von Bodenerosion in der Landwirtschaft. In zwei Stunden lernten die Schüler:innen, welche Rolle der Klimawandel spielt, und wir erarbeiteten gemeinsam naturbasierte Lösungen, wie die Folgen von Bodenerosion durch Wasser und Wind gemildert werden können. Das Problem Bodenerosion Der Boden unter unseren Füßen - ein Meter Erdreich, der unsere Ernährung sichert und gleichzeitig Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet, die wiederum als Teil der Nahrungskette das natürliche Gleichgewicht aufrecht erhalten - ist in Gefahr. Bodenerosion verursacht jedes Jahr enorme Schäden. In der Europäischen Union belaufen sie sich Jahr für Jahr auf 700 Millionen bis 14 Milliarden Euro. Wind und Wasser tragen Humus und fruchtbaren Oberboden ab, überschwemmen Straßen und Grundstücke und verursachen Staubstürme. Pflanzenschutzmittel, die an Bodenteilchen anhaften und durch Winderosion in die Luft geraten, können Menschen krank machen und verschmutzen Flüsse und Seen, wenn sie durch Starkregen von Feldern gespült werden. Die Folgen von Bodenerosion Bodenerosion schädigt Gewässer und andere Lebensräume, und kann Menschen krank machen. Sie verursacht auch enorme wirtschaftliche Schäden für die Landwirtschaft. Verbraucher bezahlen Ernteausfälle oft durch höhere Lebensmittelpreise. Bodenerosion wirkt sich auf Versorgungsketten und Ernährungssicherheit aus, vor allem in Entwicklungsländern, in denen Menschen auf lokale Landwirtschaft angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt und ihre Ernährung zu sichern. Die Abtragung von landwirtschaftlichen Böden geschieht vielerorts weitaus schneller als deren Neubildung. Sie kann darum Böden degradieren, also die langanhaltende Verschlechterung der Bodenqualität bewirken. Ein Workshop zu Bodenerosion und noch viel mehr Entstanden ist der Workshop aus einem Wissenstransferprojekt mit dem Brandenburgischen Landwirtschaftsministerium. Für Behörden und Landwirte erstelle ich im Moment eine Serie von Merkblättern zu Bodenerosion und vorsorgendem Bodenschutz auf Äckern, inklusive welche Bodenschutzmaßnahmen durch die EU gefördert werden (bzw. von Landwirten gefordert sind). Die Inhalte des Workshops knüpfen an Lehrinhalte des Geografieunterrichts in Berlin und Brandenburg an. Dieser beschäftigt sich in verschiedenen Klassenstufen zum Beispiel mit den Auswirkungen des Klimawandel, mit neuen Methoden in der Agrarproduktion, oder mit nachhaltigem Ressourcenmanagement. Neben dem Vermitteln von Lehrinhalten war mir wichtig, Interesse für Forschung zu wecken, zu zeigen, wie wissenschaftliches Arbeiten und Denken abläuft, die Wertschätzung gegenüber Forschung zu erhöhen, und die Hemmschwelle zu senken, mit Forschern ins Gespräch zu kommen. Wir sind schließlich auch nur Menschen. Das Experiment Ein Kernstück des Workshops ist ein Experiment zu Wassererosion. Mit ihm wollen wir verstehen, wie Wassererosion funktioniert und wie wichtig eine gute Bodenbedeckung ist, um die Abtragung von Bodenmaterial zu reduzieren. Es ist einem Versuchsaufbau nachempfunden, der auch in der Erosionsforschung verwendet wird, nur kleiner. Das Zusammenbauen hat zwar viel Zeit gekostet, war materialmäßig aber relativ preiswert. Die meisten Teile sind im Baumarkt oder Bastelgeschäft erhältlich. Wir diskutierten vor dem Experiment, was passieren sollte und warum, und werteten hinterher aus, was passiert ist und warum. Das Experiment selber wurde durch zwei Schüler:innen durchgeführt. Sie gossen mit einer kleinen Gießkanne gleiche Mengen Wasser in der gleichen Zeit über zwei gekippte Blumenkästen, die einmal mit Erde ohne Bewuchs und einmal mit Erde mit Bewuchs gefüllt waren. Das Ergebnis war deutlich: der Boden ohne Bewuchs wurde stark ausgewaschen, während von Gras bedeckte Boden praktisch nicht weggewaschen wurde. Hier erfuhren die Schüler auch die Basics wissenschaftlicher Arbeit: das Erstellen von Hypothesen, also von Vermutungen, was passieren wird, und die Analyse des Experiments, also die Überprüfung, ob die Hypothese eintraf, und wenn nicht, warum nicht. In der Zukunft wird es auch ein Experiment zu Winderosion geben, ein kleiner Windkanal. Diesen zu bauen ist aber etwas aufwendiger und kostenintensiver. ChatGPT erlaubt Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind zwei Gruppenarbeiten. Die Schüler:innen erkunden in kleinen Gruppen, welche ökologischen, ökonomischen und sozialen Schäden durch Bodenerosion entstehen. Danach erarbeiten Sie an konkreten Problemen Lösungen, um Wassererosion, Staubstürme oder Gesundheitsrisiken zu reduzieren, anhand der naturbasierten Maßnahmen, die wir vorher besprochen haben. Die Schüler:innen durften ChatGPT und andere KI-Chatbots verwenden. Es schien zwecklos es zu verbieten, denn Jede:r hatte ChatGPT sowieso auf dem Handy und war daran gewohnt, es zu nutzen. Vielmehr war mir wichtig, ihre Lösungen anschließend in der Gruppe zu diskutieren und zu durchdenken. Damit wurden die Schüler gefordert zu überlegen, was die vermeintlich passgenauen Antworten der KI bedeuteten, und ob die KI-Antwort überhaupt richtig war. So war laut ChatGPT ein ökologischer Schaden von Bodenerosion, dass sich Flussläufe ändern und Gesteine abgetragen werden. Das ist natürlich nicht richtig. Durch die Diskussion wurde deutlich, dass auch die KI nicht allwissend ist. Naturbasierte Lösungen Im Workshop besprachen wir naturbasierte Lösungen, die Erosion in der Landwirtschaft reduzieren können, zum Beispiel durch Änderungen der Bodenbehandlung, durch längere Fruchtfolgen, oder durch den Einsatz von Agroforst. Auch die Verwendung von neuen Technologien, wie Robotik, satellitengestützte Precision Agriculture können helfen. Diese Maßnahmen können die Umweltschäden der Landwirtschaft, ihren Anteil am Klimawandel, und ihre Fähigkeit, den Klimawandel zu mindern, verbessern. Anschließend erarbeiteten die Schüler:innen in kleinen Gruppen Lösungen für bestimmte Zielstellungen, zum Beispiel um die Verschmutzung von Gewässern zu reduzieren, um Staubstürme zu verringern, oder um Gesundheitsrisiken zu mindern, die wir anschließend gemeinsam besprachen. ProWissen Potsdam als Partner
Mein Workshop ist Teil der Schülerakademie von ProWissen, einem Verein aus Potsdam. Seit 2006 vernetzt ProWissen über 70 Wissenschaftsorganisationen und -institute in Berlin und Brandenburg. Für die Schülerakademie werden regelmäßig Forschende dieser Einrichtungen eingeladen, die über ihre Arbeit sprechen. Danke Ohne das Netzwerk, die Räumlichkeiten und die Erfahrung von ProWissen, insbesondere der Hilfe von Kerstin Engel, wäre der Workshop nicht zustande gekommen. Außerdem haben mir Lea Berndorfer, Maria Elisa Silva de Almeida und Marcel Kückelhaus wertvolles didaktisches Feedback gegeben und waren haben bei der Erstellung der ersten Entwürfe mitgewirkt. Wissenschaftliche Unterstützung bekam ich außerdem von Dr. Roger Funk am ZALF. Der nächste Workshop findet am 4. November 2025 statt. Comments are closed.
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